Jugendlichen Raum Geben!

Als ich bei meinem morgendlichen Weg zur Post zwei geschätzt 13-Jährige auf der Straße sah, habe ich mich selbst bei dem Gedanken ertappt, dass die zwei ja eigentlich in der Schule sein müssten. Aber Nein, es sind ja gerade Herbstferien. Die zwei verbringen den kalten Herbstvormittag, also ihre Freizeit, aus freien Stücken auf einer feuchten Bank neben einer vierspurigen, stark befahrenen Straße.

Bald wird es vermutlich auch ihnen zu kalt sein. Daheim ist es auch nicht immer angenehm. Ich kenne viele Jugendliche, die tagsüber Zuhause leise sein müssen, weil die Eltern Nachtschicht hatten und auch irgendwann ihren Schlaf nachholen müssen oder weil ihre kleinen Geschwister Mittagsschläfchen halten. Vielleicht ist es auch in einer kleinen Wohnung manchmal zu eng für eine ganze Familie. Dann bleibt oft nichts anderes als Bänke neben Straßen, um die kostbare Freizeit zu erleben.

Die Jugend ist die Phase im Leben, in der man sich von den Eltern loslöst und sich selbst erfindet. In der Freizeit passiert viel das die soziale Entwicklung von Jugendlichen beeinflusst. Wie ich mit anderen Menschen in Kontakt trete, mit ihnen umgehe, Empathie und noch vieles mehr lerne ich während ich mit Freund_innen treffen, Erfahrungen mit anderen Menschen sammle und meine Freizeit in sozialen Räumen verbringe.

Soziale Räume sind in unserer Gesellschaft meistens konsumgebunden. Cafés, Restaurants und Kinos sind zwar Orte an denen man Freund_innen treffen kann, aber an denen man auch Geld ausgeben muss um eine gewisse Art an Aufenthaltsberechtigung hat. In unserem derzeitigen Wirtschaftssystem ergibt das auch Sinn. Wenn die keine Einnahmen machen, können sie auch nicht ihre Mieten und Mitarbeiter_innen bezahlen.

Aber Jugendliche haben oft kein eigenes Einkommen und nur begrenzt Taschengeld. Parks und öffentliche Plätze draußen sind im Winter kalt. Jugendliche sind nicht immer gern im öffentlichen Raum gesehen. Man kennt die Beschwerden der Anwohner_innen von Parks und Spielplätzen. Einzelne Gemeinden und Städte haben sogar Altersbeschränkungen auf Spielplätze eingeführt. Also wenn die Jugendlichen nicht erwünscht sind, wo sollen sie dann hin?

Es braucht konsumfreie Jugendräume! Ein altbekanntes Konzept dafür sind Jugendzentren. In Oberösterreich gibt es ca. 120 Jugendzentren. Ca. 20 davon allein in Linz. Sie werden von verschiedenen Trägern betrieben. Manche sind kirchlich, manche von Gemeinden und manche von Jugendorganisationen finanziert.

Die Gründe, warum Jugendliche in Jugendzentren gehen, sind unterschiedlich. Manche bezeichnen die Gemeinschaft und die Leiter_innen im dort als zweite Familie. Manche helfen einfach gern bei den Projekten mit, die in Jugendzentren gestartet werden.

Es hat sicher etwas mit der Art zu tun, wie sie sich organisieren. Die meisten arbeiten partizipativ und sehr offen. Das bedeutet: die Jugendlichen können beim Programm und bei der Ausführung mitarbeiten. Das gibt Jugendlichen noch zusätzlich die Chance, sich zu verwirklichen. Eigene Ideen umzusetzen. Zu verstehen, was es bedeutet, etwas zu planen und dann dran zu bleiben, um es zu realisieren.

Während des Lockdowns im März haben Jugendzentren über Social Media und anderen Kanälen mit den Jugendlichen Kontakt gehalten, um ihre sozialpädagogischen Aufgaben nachzukommen. Sie boten Freizeittipps für Zuhause an.

Derzeit wird auch in Jugendzentren mit Abstand und Hygienekonzept gearbeitet. Die offene Jugendarbeit läuft trotz oder vielleicht gerade wegen der angespannten Stimmung in der Gesellschaft besonders gut!

Jugendliche brauchen Raum! Um sich zu entfalten, sich zu finden, sich auszuprobieren und um zu lernen! Es braucht noch mehr Jugendzentren und offene Jugendarbeit in den Gemeinden! Vielleicht müssen dann 13-jährige ihre Herbstferien nicht mehr auf feuchten Bänken verbringen.